Vom 24. Juli bis zum 9. August 2020 sollten die XXXII. Olympischen Spiele in Tokio stattfinden. Zu diesem Anlass hatten wir eine Ausstellung in der Schule des Sehens auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität geplant. Aus bekannten Gründen sind die Spiele in dieses Jahr verlegt worden - und mit ihnen auch die Ausstellung, die nun, anders als die Spiele, insbesondere digitale Formate verwendet.

Sollten die Spiele wie geplant stattfinden, wird sich das öffentliche Interesse wieder gut zwei Wochen lang sowohl den Wettkämpfen als auch den damit verbundenen Feierlichkeiten widmen. Ziel unserer Ausstellung ist es, die historische Dimension des events anhand von schriftlichen Dokumenten und materiellen Artefakten aufzuzeigen.

 

Zunächst: Ist das, was heute mit dem Begriff "Sport" beschrieben wird, überhaupt auf die damaligen Verhältnisse übertragbar? "Sport" kommt von lateinisch disportare "sich zerstreuen", "sich vergnügen". Viele der gegenwärtigen olympischen Sportarten haben ihr modernes Regelwerk im England des 19. Jahrhunderts erhalten. Sport war die Freizeitgestaltung insbesondere der adligen Oberschicht, die sich mit entsprechenden Wettspielen zerstreute. Ob sich dieser Begriff von Sport auch auf antike Verhältnisse übertragen lässt, ist aber sehr fraglich.

 

Vielmehr tritt sehr früh der Agon in den Vordergrund. Er gilt bis heute vor allem als Wesensmerkmal der griechischen Kultur. Doch Wettkampf und Kampfspiel sind bereits in den Anfängen geschichtlicher Überlieferung in den östlichen Gebieten des Mittelmeerraumes nachzuweisen! Bedeutung und Deutung von Spielen können dabei je nach Zeit und Raum recht unterschiedlich bewertet werden: als Teile eines Kultes, als Möglichkeit Ruhm zu erwerben, als Theaterdarstellung, als Kampf zwischen Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit, zwischen Sommer und Winter oder als Referenz auf ein historisches Ereignis. Häufig handelt es sich bei den erzählten oder dargestellten Szenen um einen ritualisierten Krieg, dessen festgelegte Regeln den Konflikt in Grenzen halten.

 

In unterschiedlichsten Festen bildet die Durchführung eines (Wett-)Kampfes einen wesentlichen Bestandteil. Im Zentrum der Festspiele stehen – in den altorientalischen und levantinischen Kulturen wie auch im antiken Griechenland – nicht nur das breite Spektrum unterschiedlicher Wettkampfarten, sondern auch deren ordnungsgemäße Durchführung, das beteiligte Personal und vor allem die Personen der Sieger. Letztere konnten materielle Vorteile und großes Prestige erwerben, zu regelrechten Helden und sogar zu kultisch verehrten Heroen werden.